Wellenbasierter Ansatz oder Big Bang für die Migration nach SAP S/4HANA

Wellenbasierter Ansatz oder Big Bang: Welche ist die beste Methode für ein SAP S/4HANA-Migrationsprojekt? Das Jahr 2027 mag den meisten noch weit weg erscheinen. Bedenkt man aber, dass die durchschnittliche S/4HANA-Migration 12-18 Monate dauert, können Sie es sich nicht leisten, die Planung zu vertagen. Abhängig von der Komplexität Ihres Unternehmens und Ihren individuellen Anforderungen wird eine Migration Ihren aktuellen und zukünftigen Geschäftsbetrieb erheblich beeinträchtigen – wenn sie schlecht umgesetzt wird. Im Folgenden stellen wir sowohl den wellenbasierten als auch den Big-Bang-Ansatz vor, damit Sie die für Ihr Unternehmen am besten geeignete Methode ermitteln können.

20.10.2023  |  5 min

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Wellenbasierter Migrationsansatz

Bei einem wellenbasierten Ansatz erfolgt die Migration nach S/4HANA in mehreren Phasen oder Wellen. Jede Welle konzentriert sich auf die Migration einer bestimmten Gruppe von Funktionalitäten oder Geschäftsbereichen, was einen schrittweisen Wechsel zum neuen System ermöglicht.

Die wesentlichen Vorteile sind die Minimierung von Geschäftsunterbrechungen und eine bessere Steuerung und Verwaltung des Migrationsprozesses. Außerdem kann jede Phase getestet und validiert werden, bevor zur nächsten übergegangen wird.

Der größte Nachteil dieser Methode ist der verlängerte Zeitrahmen, der für eine vollständige Migration benötigt wird. Das bedeutet auch, dass es länger dauert, bis die Vorteile genutzt werden können, und dass die Gesamtkosten des Projekts steigen können. Es gibt aber auch andere Risiken.

 

Welche anderen Risken birgt also der wellenbasierte Ansatz?

  • Dateninkonsistenzen und Geschäftsunterbrechungen
    Wenn verschiedene Geschäftseinheiten Ihres Unternehmens voneinander abhängige Systeme verwenden, kann es schwierig sein, diese miteinander zu verbinden.

  • Veränderungsmüdigkeit
    Wie bereits erwähnt kann eine Migration bis zu 18 Monate dauern. Stellen Sie sich vor, dass Ihre Mitarbeitende in diesem Zeitraum immer wieder mit Veränderungen zurechtkommen müssen. Veränderungsmüdigkeit kann sich auf die Produktivität und Arbeitsmoral der Mitarbeitenden auswirken und die Benutzerakzeptanz erschweren.

  • Unvollständiger Wechsel
    Wenn die Phasen nicht fehlerfrei umgesetzt werden oder sich bestimmte Einheiten des Unternehmens der Migration widersetzen, ist das Risiko eines unvollständigen Wechsels bei diesem Ansatz höher.

Big-Bang-Migrationsansatz

Der Big-Bang-Ansatz umfasst eine vollständige und parallele Migration aller Funktionalitäten und Geschäftsbereiche nach S/4HANA. Dieser Ansatz zielt darauf ab, den Zeitraum der Migration insgesamt zu minimieren und die Vorteile des neuen Systems schnell zu nutzen. Er erfordert eine umfassende Planung und Vorbereitung, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten und die Unterbrechung des Geschäftsbetriebs zu minimieren.

Positiv ist, dass die gesamte Ausfallzeit auf einmal erfolgt und nicht über einen langen Zeitraum hinweg verschiedene Systeme nacheinander außer Betrieb genommen werden müssen. Außerdem können große Änderungen an der IT-Infrastruktur einfacher umgesetzt werden, wenn alle Systeme auf einmal umgestellt werden, was gleichzeitig die Modernisierung vorantreibt. 

Der Big-Bang-Ansatz kann jedoch risikoreicher sein, da alle Probleme oder Herausforderungen, die während der Migration auftreten, erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen haben können.

 

Welche anderen Risiken birgt der Big-Bang-Ansatz?

  • Anfänglich starke Beeinträchtigung des täglichen Geschäftsbetriebs
    Wenn Ihr gesamtes Unternehmen gleichzeitig umgestellt wird, kommt es vermehrt zu Ausfallzeiten, Problemen bei der Datenmigration sowie potenziellen Unterbrechungen bei einigen wichtigen Geschäftsfunktionen.

  • Systemausfälle während der Migration haben unmittelbare und weitreichende Auswirkungen
    Wenn Sie das gesamte Unternehmen auf einmal nach SAP S/4HANA umstellen, müssen Sie umfassende Tests durchführen und einen Notfallplan erstellen, um so das Risiko zu verringern.

  • Herausforderungen bei der Benutzerakzeptanz
    Da sich alle Mitarbeitende in Ihrem Unternehmen gleichzeitig an das neue System anpassen müssen, kann die Benutzerakzeptanz leiden. Dies gilt umso mehr, wenn Sie nicht über entsprechende Schulungsmaßnahmen und Change-Management-Strategien verfügen.

Welche Methode für die Migration nach S/4HANA ist die beste für Ihr Unternehmen?

Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile. Die Entscheidung hängt von mehreren Faktoren ab, wie Größe, Komplexität, Standort, Ressourcen und Risikotoleranz des Unternehmens. Letztlich sollte die gewählte Methode mit den Zielen und Prioritäten Ihres Unternehmens hinsichtlich der Migration übereinstimmen.

Unternehmen, die von einem wellenbasierten Ansatz profitieren können:

  • Große Unternehmen mit komplexen Abläufen können mit diesem Ansatz verschiedene Geschäftsbereiche oder Regionen einzeln migrieren. Dies ermöglicht es ihnen, der Komplexität Herr zu werden und sich an individuelle Anforderungen anzupassen.

  • Branchen, die stark reguliert sind, wie das Gesundheitswesen oder das Finanzwesen, sind zur strikten Einhaltung von Vorschriften verpflichtet. Ein wellenbasierter Ansatz ermöglicht es Unternehmen, sich zunächst auf die Einhaltung der Vorschriften in einem Bereich zu konzentrieren, bevor sie sich anderen Bereichen widmen.

  • Globale Unternehmen, die in verschiedenen Ländern und Zeitzonen agieren, können ihre Migrationen nach geografischen Regionen einteilen. Dies minimiert mögliche Unterbrechungen und erleichtert den Support vor Ort während des Wechsels.

  • Unternehmen mit begrenzten Ressourcen hinsichtlich IT, Personal und Budget können mit dem wellenbasierten Ansatz den Arbeitsaufwand und die Kosten auf mehrere Phasen verteilen.

Beispiel für eine wellenbasierte Migration

Als der europäische Energieriese E.ON Group sich für eine Migration entschied, wollte das Unternehmen nicht nur die Systeme migrieren, sondern auch einen Wechsel in die S/4HANA Cloud umsetzen. Innerhalb von drei Jahren migrierte SNP erfolgreich mehr als 150 der insgesamt 550 Unternehmen von E.ON, die bis 2027 zu migrieren sind.

Der wellenbasierten Ansatz ermöglichte eine kontinuierliche Prozessoptimierung, um ein Höchstmaß an Standardisierung in allen Bereichen zu gewährleisten.

 

Unternehmen, die von einem Big-Bang-Ansatz profitieren können:

  • Startups und junge Unternehmen, die nur wenige Altsysteme haben, können ein modernes ERP-System einrichten und die Komplexität einer schrittweisen Migration umgehen.

  • Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben oft weniger komplexe IT-Landschaften und Geschäftsprozesse. Sie können die Migration schnell umsetzen, sodass Ausfallzeiten und die Notwendigkeit eines umfangreichen Projektmanagements minimiert werden.

  • Unternehmen mit hoher Risikotoleranz sind eher dazu bereit, anfängliche Unterbrechungen in Kauf zu nehmen, um die Vorteile von SAP S/4HANA schnell nutzen zu können. Sie geben langfristigen Vorteilen den Vorrang vor kurzzeitigen Unannehmlichkeiten.

  • Branchen mit saisonalen Geschäftsschwankungen, wie z. B. der Einzelhandel oder das Gastgewerbe, können eine Big-Bang-Migration außerhalb ihrer Hochsaison durchführen. So können die Auswirkungen auf die umsatzstärksten Zeiten verringert werden.

Beispiel für eine Big-Bang-Migration

Ein gutes Beispiel für eine Big-Bang-Migration ist Coop, eines der größten Einzel- und Großhandelsunternehmen der Schweiz. Die Aufgabe von SNP war die Migration von zwei Systemen: ein Retail-System (CCR) und ein Trading-System (CTC). Die beiden Altsysteme waren durchschnittlich seit 16 Jahren in Betrieb, und 50 % des Umsatzes wurde über sie abgewickelt. Beide Systeme mussten gleichzeitig migriert werden. Daher war der Near-Zero-Downtime-Ansatz für das große CCR-System entscheidend. Die Herausforderung: Beide Systeme mussten innerhalb von 18 Stunden wieder einsetzbar sein.

 

Wie sieht es mit einem hybriden Ansatz aus?

Die Kombination beider Ansätze bei einer S/4HANA-Implementierung kann die richtige Strategie sein, um ein Gleichgewicht zwischen Risiko und Geschwindigkeit herzustellen. Jedoch müssen Sie die richtigen Geschäftsbereiche Ihres Unternehmens für jede Methode auswählen.

Ein weltweit tätiges Produktionsunternehmen könnte beispielsweise mit einer wellenbasierten Migration für seine Tochtergesellschaften in weniger kritischen Regionen beginnen. In der Regel kann der Geschäftsbetrieb in diesem Fall einen längeren Migrationsprozess verkraften. So kann das Unternehmen den Migrationsprozess gezielt anpassen und schrittweise Probleme ermitteln und angehen.

Für die Hauptproduktionsanlagen und den Hauptsitz könnte das Unternehmen den Big-Bang-Ansatz verwenden, um eine minimale Unterbrechung kritischer Betriebsabläufe zu gewährleisten und schneller von den Vorteilen für die Hauptgeschäftsfunktionen zu profitieren.

Wenn Sie also an einem hybriden Ansatz interessiert sind, müssen Sie die Migrationsstrategien sorgfältig abwägen und ausarbeiten, um sie erfolgreich an Ihre Unternehmensstruktur, Ziele und Einschränkungen anzupassen.

Doch was können Sie noch tun, um Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Migration zu erhöhen?

 

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